Letzte Aktualisierung:
Ergebnisse systematischer
Übersichten der besten verfügbaren Studien
Vor allem Erleichterung
Ernste Folgen selten
Vergleichsstudien SA/Geburt
Ungewollte Mutterschaft
SA als Lernprozess
Schwangerschaftsabbruch und Selbstmordtendenz
Spätabbrüche
Schweizer Studie
Die Quellen der Abtreibungsgegner
Ein Schwangerschaftsabbruch (SA) ist für viele Frauen ein schwieriger Entscheid und in jedem Fall eine schmerzliche Erfahrung. Er kann für eine Minderheit von Frauen – wie viele andere schwierige Entscheide im Leben – mit Traurigkeit, Reue, Schuld- oder Verlustgefühlen verbunden sein. Doch jede Alternative ist ebenso mit psychologischen Problemen verbunden, ganz besonders die Aufgabe des Kindes zur Adoption.
In den Jahren 2008 und 2009 wurden drei umfassende Analysen der
neueren wissenschaftlichen Untersuchungen über das psychische Befinden
von Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch durchgeführt, zwei durch eine Expertengruppe der American Psychological Association APA,
die dritte durch ein Forscherteam der Johns Hopkins Universität in
Baltimore. Alle drei kamen zum Schluss, dass
die qualitativ besten Studien
die These widerlegen, wonach ein Schwangerschaftsabbruch psychische Probleme
verursache. Vielmehr unterscheiden sich Frauen, die abgetrieben haben, in
ihrer psychischen Gesundheit nicht
von Frauen, die eine ungeplante Schwangerschaft austrugen.
American Psychological Association APA "Report of
the APA task force on
mental health and abortion", 5.7.2008
Brenda Major et al. "Abortion and Mental Health –
Evaluating the Evidence". American Psychologist, 64, No. 9, 863–890 (2009)
Charles Vignetta E. et al. "Abortion
and long-term mental health outcomes: a systematic review of the evidence". Contraception 78 (2008) 436-450
2011 wurde eine Studie publiziert, die auf dem dänischen
Gesundheitsregister basiert, das sämtliche Gesundheitsdaten der
Bevölkerung erfasst. Die Daten von 85'000 Frauen, welche zwischen 1995
und 2007 eine Schwangerschaft abbrechen liessen, zeigten auf, dass sich
nach dem Abbruch nicht mehr dieser Frauen in psychiatrische Behandlung
begaben als vorher. Schlussfolgerung der AutorInnen: Die Hypothese, ein
Schwangerschaftsabbruch erhöhe das Risiko für psychische Störungen,
lässt sich nicht belegen.
Munk-Olsen T. et al.
"Induced First-Trimester Abortion and Risk of Mental
Disorder", N.Engl.J.Med 2011;364:332-9
Eine 2011 durchgeführte Analyse der verfügbaren Studien durch ein Expertenteam der Academy of Medical Royal Colleges (London) ergab:
Eine ganze Reihe von Studien und Übersichtsarbeiten über die wichtigsten und methodisch verlässlichsten Forschungsergebnisse der neueren internationalen Fachliteratur ergeben:
Hinzu kommt, dass Schuldgefühle nicht zuletzt durch die Kriminalisierung, das Tabu, das den SA zudeckt, sowie die Stigmatisierung hervorgerufen bzw. verstärkt werden. Und natürlich durch die blutrünstige Propaganda und Sprache der extremen Abtreibungsgegner.
Ernste psychische Probleme nach einem Abbruch haben – je nach Studie und Definition – 1 bis 20 % der Frauen. Oft sind es jene, die schon vor dem SA in psychiatrischer Behandlung waren.
Ein erhöhtes Risiko für negative Reaktionen besteht überdies bei Frauen, die eine ursprünglich erwünschte Schwangerschaft abbrechen müssen (aus medizinischen Gründen), die stark ambivalent sind, bei denen die Schwangerschaft weit fortgeschritten ist, die bei wichtigen Bezugspersonen keine Unterstützung finden, die sich in einem Glaubenskonflikt befinden oder auch bei sehr jungen Mädchen.
Ausserdem muss berücksichtigt werden, dass die psychischen Probleme in Wirklichkeit andere Ursachen haben können als die Abtreibung (Armut, Scheidung, Arbeitslosigkeit, Gewalt des Partners, sexueller Missbrauch usw.).
Vor allem:
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Der SA, wenn er unter guten Bedingungen durchgeführt wurde, hat weniger negative psychische Folgen als die Geburt eines ungewollten Kindes.
Es gibt eine ganze Reihe von in- und ausländischen Untersuchungen, welche Frauen nach einem SA mit Frauen verglichen haben, die eine Schwangerschaft austrugen:
Athanasiou R. et al. "Psychiatric Sequelae
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Munk-Olsen T. et al. "Induced First-Trimester Abortion and Risk of Mental
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Zabin LS. et al. "When Urban Adolescents Choose Abortion",
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Mehrere Studien fanden, dass etwa ein Viertel bis ein Drittel der Frauen, welchen ein SA verweigert wurde, auch Jahre danach noch negative Gefühle oder schwerwiegende psychische Probleme hatten.
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Buser-Wildi R. "Über die uneheliche Schwangerschaft und deren
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Ungewollt schwanger zu werden, wird von Frauen oft als persönliches Versagen empfunden. Sie machen sich Selbstvorwürfe. Doch bewirkt die intensive Auseinandersetzung mit Sexualität, Partnerschaft, Fruchtbarkeit, Kinderwunsch, Lebenszielen während der Entscheidfindung häufig einen Reifeprozess.
Die Frau geht gestärkt, erwachsener, unabhängiger aus diesem Prozess hervor. Sie gewinnt an Selbstwertgefühl. Das Erlebnis kann positive Veränderungen in ihrem Leben auslösen und zur Klärung ihrer Lebenssituation beitragen.
Ensner H. et al. "Ungewollte
Schwangerschaft als Konflikt", PRAXIS, 84:881-5, 1995
Lunneborg P. "Jetzt kein Kind – Warum Abtreibung eine positive
Entscheidung sein kann", Campus Verlag, 1996
Studien aus Finnland (Gissler 1996, 1997 und 2004) fanden bei Frauen, die einen SA hatten, eine höhere Sterblichkeit, bzw. eine höhere Selbsttötungsrate als allgemein in der weiblichen Bevölkerung und als bei Frauen, die geboren hatten. Die Abtreibungsgegner haben auch diese Studien fehlinterpretiert und für ihre Zwecke missbraucht.
Erstens ist die Zahl der Selbsttötungen nach einer Abtreibung sehr klein. Zweitens sagen die Studien überhaupt nichts aus über den sozialen Hintergrund der Frauen, bzw. die Gründe der Selbsttötungen. Die Schlussfolgerung der AutorInnen zur Studie von 1996: "Das erhöhte Selbstmordrisiko nach SA weist entweder auf gemeinsame Risikofaktoren [für SA und Selbsttötung. Anm. d. Red.] oder auf schädliche Auswirkungen des SA auf die psychische Gesundheit hin." In der Publikation von 1997 konkretisieren sie: "Das erhöhte Risiko eines gewaltsamen Todes (Unfall, Selbstmord, Mord) von Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch, im Vergleich zu anderen Frauen, stand wahrscheinlich im Zusammenhang mit ihrem sozialen Umfeld und ihrem Lebensstil". Diese Variablen konnten aber in den Studien, die sich ausschliesslich auf die Todesfallstatistik stützten, nicht berücksichtigt werden. Der gewaltsame Tod der Frauen war somit eher durch ihre Lebensumstände als durch die Abtreibung verursacht.
Was liegt näher als die Vermutung, dass Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen, sich in unglücklicheren Lebensumständen befinden in Bezug auf ihre Partnerschaft oder ihr soziales und gesellschaftliches Umfeld, als Frauen, die ein Kind zur Welt bringen? Dass also ihre Tendenz zur Selbsttötung aus diesem Grund und nicht wegen des SA erhöht ist?
Unter den 2000 Frauen, die in England nach einem SA während 10 Jahren beobachtet wurden (Gilchrist, 1995), gab es keinen Selbstmord.
In der wissenschaftlichen Analyse der vorhandenen Studien über psychische Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs durch ein Team der Johns Hopkins Universität wurde die Studie von Gissler wegen ihrer Lücken als dürftig eingestuft. Vorbestehende Variablen (Alter, soziale Umstände, psychische Gesundheit vor dem Abbruch etc. etc.) wurden nicht berücksichtigt (Charles V.E. et al "Abortion and long-term mental health outcomes: a systematic review of the evidence". Contraception 78 (2008) 436-450).
Gissler M et al. "Suicides after pregnancy
in Finland, 1987-94: register linkage study", BMJ 313: 1431-4, 1996
Gissler M et al. "Pregnancy-associated deaths in Finland 1987-94", Acta
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Gissler M et al. "Pregnancy-associated mortality after birth, spontaneous
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Gilchrist AC. et al. "Termination of Pregnancy and Psychiatric Morbidity", Brit.J.Psych. 167:243-48, 1995
Jene Studien, die die Reaktion der Frauen auf einen späten Abbruch der Schwangerschaft (im 2. Trimester) wegen fötaler Missbildungen untersucht haben, deuten darauf hin, dass die negativen psychologischen Reaktionen dieser Frauen vergleichbar sind mit jenen nach einer Fehl- oder Totgeburt oder nach dem Tod eines Neugeborenen, dass sie hingegen schwächer sind als bei Frauen, deren Kind mit lebensgefährlichen Abnormitäten geboren wurde.
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Eine neuere Schweizer Studie bestätigt, was in der internationalen Fachliteratur längst erhärtet ist: Psychische Folgen nach einem Schwangerschaftsabbruch sind selten.
In Genf wurden 103 Frauen 6 Monate nach dem Abbruch befragt. 10% hatten psychische Probleme, die allerdings nicht unbedingt eine Folge des Abbruchs waren, sondern ebenso mit ihrer schwierigen Lebenssituation zusammenhingen. (10% psychisch Angeschlagene finden sich auch in der "normalen" Bevölkerung. 10-15% aller Mütter leiden an einer schweren Depression nach einer Geburt.)
Die Befragung zeigte auch, dass sich Frauen nicht unter dem Druck der Umgebung zum Abbruch entschliessen, sondern aus freiem Entscheid. Sie wollen ihre Lebensperspektiven nicht aufgeben oder ein Kind nicht in eine nicht tragfähige Beziehung hinein zur Welt bringen.
Bianchi-Demicheli F, Kulier R, Perrin E, Campana A. Induced Abortion and
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Bianchi-Demicheli F, Perrin E, Lüdicke F, Bianchi PG, Chatton D, Campana
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Bianchi-Demicheli F, Perrin E, Lüdicke F, Bianchi PG, Chatton D, Campana
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Die von Abtreibungsgegnern erwähnten Zahlen stammen aus Studien von Fachleuten aus ihren Kreisen. In älteren Publikationen handelt es sich um anekdotenhafte Fallgeschichten (z.B. Speckhard, 1987) oder um ein sehr spezielles Patientinnengut : nämlich vor allem Frauen, die aus medizinischen Gründen oder wegen Missbildung des Fötus die Schwangerschaft – oft im fortgeschrittenen Stadium – abbrechen mussten (z.B. Maria Simon, 1986) oder junge Mädchen aus prekären Familienverhältnissen (Merz, 1979). Die Interpretation der Befunde durch solche AutorInnen ist oft mehr als fragwürdig:
Merz M. "Unerwünschte Schwangerschaft und
Schwangerschaftsabbruch in der Adoleszenz", Huber, 1979br />
Ney PG. "The Effects of Pregnancy Loss on Women’s Health", Soc.Sci.Med.
38:1193-1200,1994
Simon M. "Psychische Spätfolgen nach Schwangerschaftsabbruch", MedWelt
37:332-5, 1986
Speckhard AC."The Psycho-Social Aspects of Stress Following Abortion",
Sheed and Ward, 1987
Die Pariser Abtreibungsgegnerin Dr. Marie Peeters malt Schreckensvisionen über die Folgen der Abtreibung, aber sie "foutiert sich um die Fachliteratur", wie sie selbst sagt. Und Maria Simon bezieht sich in ihren Arbeiten "nur auf die Literatur, die meine Erfahrungen bestätigt". Sie hält die Opferrolle der Frau für die natürliche.
In letzter Zeit häufen sich Publikationen durch das Elliot Institute
von David Reardon und ihm nahe stehende AutorInnen (Coleman, Coyle, Cougle).
Das Institut verfolgt eine klare anti-Abtreibungs-Mission. Im Jahr 2011
publizierte
Priscilla Coleman eine Meta-Analyse (d.h. eine Zusammenfassung) von 22
Studien, die mit den Worten verbreitet wurde: "Die grösste Studie aller
Zeiten belegt eindeutig, dass Abtreibung das Risiko von schweren
psychischen Problemen um 81% erhöht."
Priscilla K. Coleman. “Abortion and mental health: quantitative
synthesis and analysis of research published 1995–2009”. British Journal of Psychiatry (2011) 199: 180-186
Diese Publikationen, wie insbesondere jene von Coleman sind auf
harsche Kritik von Experten gestossen. Die
englische Gesellschaft für Psychiatrie (Royal College of Psychiatrists)
kommt zum Schluss, dass 10 der 11
Studien von Coleman, die sie in ihre Meta-Analyse eingeschlossen hat, von schlechter Qualität und
daher irrelevant sind. Auch ExpertInnen um Julia Steinberg von der
Universität von Kalifornien bezeichnen die
Schlussfolgerung
der Coleman-Publikation als unzulässig. Es handle sich um "Ramschwissenschaft",
so der Kommentar des Psychologen Jim Coyne, Professor an den
Universitäten von Pennsylvania (USA) und Groningen (NL).
Wenn in einer Meta-Analyse Ramsch hineingegeben werde, komme Ramsch
heraus – "garbage in, garbage out".
Skepsis ist auch gegenüber den sogen., durch Abtreibungsgegner ins Leben gerufenen Selbsthilfegruppen von "Opfern der Abtreibung" angebracht. Es wäre interessant zu wissen, wieviele und was für Frauen in solchen Gruppen mitmachen. Am Frauenspital Bern und im Frauenambulatorium Zürich wurden Angebote für solche Nachbearbeitungs-Gruppen mangels Nachfrage aufgegeben.