Abtreibung - Schwangerschaftsabbruch: Für das Recht auf einen freien Entscheid


Argumentarium gegen die Initiative
Nein zur Initiative - Nein zum Rückschritt (auf facebook)
14. November 2012:
Nationaler Verein "Nein zum Angriff auf die Fristenregelung" gegründet

Kurzfilm "Requiem pour un droit" (französisch)
Video Strassentheater "Nein zur Initiative"
Comité féministe pour le droit à l'avortement

Letzte Aktualisierung:

MANIFEST
FÜR DIE FRISTENLÖSUNGS-INITIATIVE
Volksabstimmung vom 24. und 25. September 1977

Als ich 1971 mithalf, die Volksinitiative für straflosen Schwangerschaftsabbruch zu lancieren, erwartete ich nicht, die öffentliche Meinung vollständig hinter mir zu haben. Ich war mir bewusst, dass ich viele Menschen herausfordern würde. Ich tat es absichtlich, weil ich der Meinung war, sie seien in Vorurteilen verhaftet, die moralischen Werten fremd, ja entgegengesetzt sind.
Ich erwartete jedoch nicht, dass ich derart allein sein würde, diese Werte zu verteidigen.
Die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative, die viel getan haben, um eine Volksabstimmung zu erreichen und diese in mehreren Kantonen zu einem unbestreitbaren Erfolg zu führen, beriefen sich in ihrer Argumentation auf die persönliche Freiheit und auf das legitime Ziel, nur erwünschte Kinder auf die Welt zu stellen. Sie präsentierten sich zu Recht als Verteidiger der Familie. In überzeugender Weise zerpflückten sie die Argumente der Befürworter der Repression. Sie vermieden es jedoch, auf die Grundfrage einzugehen, als ob ein Tabu eine offene Auseinandersetzung damit verhindere.
Ich habe deshalb in meinem persönlichen Namen dieses Manifest verfasst, in welchem ich meine Sicht der Dinge zusammenfasse und die wirklichen Ursachen der Repression aufzeige sowie deren Ausnützung durch alle Formen der Tyrannei, auch der geistigen.

Einige sagten mir damals, dieser Text werde Geschichte machen. Drei Jahrzehnte später habe ich den Eindruck, es sei verfrüht, das zu beurteilen. Man wagt nicht, jene zu entlarven, denen es Freude macht, über die Lebensweise und das Gewissen anderer zu herrschen, noch jene, die sich dieser Tyrannei unterwerfen, um infantile Ängste zu lindern.

Maurice Favre, 2000
* 1922 – 9.8.2008

Manifest für freie und verantwortliche Elternschaft

I. Freie und verantwortliche Elternschaft
Jede Geburt soll Freude auslösen.
Jedes Kind hat das Recht, ein erwünschtes Kind zu sein.
Die Eltern sollen die Anzahl der Kinder und den Zeitpunkt der Geburt frei wählen können.
Der Entscheid darf nicht von Menschen gefällt werden, die die Konsequenzen nicht zu tragen haben, seien es nun Richter oder Arzte.
Die Verantwortung der Eltern ist zu gross, als dass sie ihnen gegen ihren Willen aufgezwungen werden darf.
Ihre Einwände müssen deshalb berücksichtigt werden, selbst wenn sie oberflächlich erscheinen mögen; denn sie lassen auf eine für die Erziehungsaufgabe ungenügende Reife schliessen.

Il. Empfängnisverhütung ist vorrangig
Wir empfehlen den Schwangerschaftsabbruch nicht. Gesundheitliche Gründe und die Achtung vor der Entwicklung des Lebens sprechen dagegen.
Das Leben beginnt nämlich nicht mit der Geburt, aber auch nicht mit der Empfängnis. Es beginnt vielmehr mit der Bildung der ersten für die Befruchtung bestimmten Zellen. In der Folge wird es immer komplexer und stellt nach und nach die Verbindung her mit der Umgebung.
Wenn dieser Prozess unterbrochen werden muss, soll dies so früh als möglich geschehen, bevor die Entwicklung zu weit fortgeschritten ist. Je länger gewartet wird, desto mehr Probleme können entstehen.
Deshalb empfehlen wir die Empfängnisverhütung, in der Hoffnung, dass deren Fortschritte den Schwangerschaftsabbruch immer mehr verdrängen werden.
Deshalb wünschen wir auch, dass ein Schwangerschaftsabbruch, sollte er sich leider als unumgänglich erweisen, in den ersten Wochen ausgeführt wird.

III. Der Beginn der Unantastbarkeit menschlichen Lebens
Wir lehnen es ab, dass der Schwangerschaftsabbruch unter Strafe gestellt wird.
Der Embryo kann nicht denselben Schutz geniessen wie eine menschliche Person, denn die Geburt ist unserer Auffassung nach der entscheidende Moment in der Entwicklung des Lebens.
Nach rechtlicher Auffassung hängt die Existenz einer Person schon seit Jahrhunderten von diesem Moment ab.
Die Kirche hält es ebenso, denn ein Embryo wird weder getauft noch beerdigt.
Es ist deshalb richtig und natürlich, dass das Gesetz das menschliche Leben erst von der Geburt an unter absoluten Schutz stellt.

IV. Die Gewissensfreiheit
Wir respektieren die Meinung jener, die das menschliche Leben von der Empfängnis oder von irgendeinem anderen Zeitpunkt an für unantastbar halten.
Dagegen fordern wir von ihnen das Recht, anders zu denken als sie.
Auf einem Gebiet, wo derart persönliche Überzeugungen mitspielen, muss das Strafrecht vor der Gewissensfreiheit weichen.
Diese Freiheit ist eines der Grundrechte, auf denen die Existenz der Schweiz beruht.

V. Die vorgeschobenen Begründungen
Jene, die den Schwangerschaftsabbruch trotzdem bestrafen wollen, führen unannehmbare Argumente ins Feld.
Sie proklamieren die Achtung vor dem Leben, vergessen aber, dass es verschiedene Arten von Leben gibt. Sie wollen das Leben unerwünschter Kinder und aufgezwungene Mutterschaft, während wir das Leben erwünschter Kinder und glückliche Familien wollen.
Sie berufen sich auf den Schutz der menschlichen Person, ergreifen jedoch Partei für den Embryo, gegen die Person, handle es sich nun um die Mutter, den Vater, schon geborene Kinder oder um all jene, die unter besseren Bedingungen geboren werden könnten.
Sie sprechen von der Seele, als ob ihnen dies das Recht gäbe, menschliche Not zu vergrössern.
Schliesslich äussern sie Bedenken wegen der Sittlichkeit, verheimlichen aber, dass es verschiedene Arten von Moral gibt. Die von ihnen vertretene Moral macht aus der Mutterschaft eine Strafe, mit deren Androhung Gehorsam erzwungen werden und deren Anwendung Sühne schaffen soll. Es ist abscheulich, dass eine der reinsten Freuden, die die Natur uns schenkt, zu etwas Schlechtem gemacht werden soll. Eine Moral, die solches zulässt, kann nur eine falsche Moral sein.

VI Die wahren Gründe der Unterdrückung
In Wirklichkeit entspringt die Bestrafung des Schwangerschaftsabbruchs absurden Phantasievorstellungen.
Schon seit Jahrhunderten wird die Sexualität verurteilt, anstatt sie zu beherrschen.
Eine bedauerliche Übertreibung macht daraus eine Sünde. Gewisse Menschen sehen darin sogar das eigentliche Symbol für die Sünde.
Aus der gleichen Verkennung heraus wird die Mutterschaft als eine Bestrafung der Sünde angesehen. Diese Ansicht wird um so leichter übernommen, als nur die Frauen bestraft werden.
Diese beiden Prinzipien einer angeblichen Moral verdammen sowohl den Schwangerschaftsabbruch als auch die Empfängnisverhütung. Doch während das mögliche Versagen der Kontrazeption die Straffunktion der Mutterschaft aufrecht erhält, fällt diese durch den Schwangerschaftsabbruch dahin.
Aus diesem Grunde weigern sich die Verfechter der sexuellen Repression hartnäckig, den Schwangerschaftsabbruch zuzulassen. Sie glauben, dass ein Grundgesetz verletzt wird, wenn die Mutterschaft keine natürliche Strafe mehr ist. Sie befürchten schreckliche Ausschweifungen, und aus ihrer irrigen Vorstellung entsteht der lächerliche Gedanke eines gesellschaftszerstörenden Sittenzerfalls.
Sie wollen nicht sehen, dass in keinem der Länder, die Familienplanung und Schwangerschaftsabbruch tolerieren, Gesundheit oder Sittlichkeit beeinträchtigt worden sind.

VII. Ausbeutung durch Tyrannei
Der Irrtum wäre schon längst aufgedeckt worden, wenn er nicht jenen zum Vorteil gereichte, die autoritär über Lebensweise und Gewissen anderer herrschen wollen.
Die Leichtigkeit, mit der sexuelle Unterdrückung toleriert wird, bereitet den Boden für andere Formen der Repression und legitimiert die Macht, die sie ausübt.
Die Unterdrückung der Sexualität ist daher die beste Waffe der totalitären Macht, während liberale Regime sie aufgeben.
Der Kampf für die Akzeptanz des Schwangerschaftsabbruchs ist daher nicht nur Sache der Frau und der Familie.
Er vereint all jene, die für die Freiheit kämpfen und Disziplin befürworten, Tyrannei jedoch ablehnen.

Maurice Favre, Vizepräsident des lnitiativkomitees
September 1977
(Übersetzung aus dem Französischen: Anne-Marie Rey)

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